Doktor Jones – Der Arzthase

Hallo! Ich bin’s mal wieder, Dr. Jones, der Abenteuerhase. Die Meisten kennen mich ja bereits. Diesmal muß ich Euch erzählen, wie ich mich als Arzt ins Klinkerum Landshut eingeschlichen und meinen Chef Peter vor dem sicheren Beintod gerettet hab.

Ich bin ja nicht abergläubisch. Aber letztes Jahr im Dezember, genauer gesagt am Freitag den 13. Dezember 2013, ist was passiert, daß mich doch zweifeln läßt.
Ich hab mich ja schon damit abgefunden, daß ich, wenn Peter Spätschicht hat, am Nachmittag alleine bin. Er hat sich Mittags um halb eins von mir verabschiedet und ist in die Arbeit gefahren. Dann war es ruhig. Sabine, meine Chefin und Frau von Peter, hatte um halb zwei Feierabend. Sie kam und kam aber nicht. Sie sagte etwas von Kopf schneiden?… oder so. Ah ja. Fell schneiden. Hallo!? Sabine! Winterpelz nicht abschneiden. Sonst mußt Du frieren. Aber sie versteht das nicht. Stunde um Stunde verging. Und sie kam nicht. Irgendwann, mitten in der Nacht, tauchte sie auf. Sie redete nicht viel. Irgendwann ging sie dann ins Bett. Dabei fiel mir auch auf, daß Peter ja noch gar nicht da war. Jetzt wurde ich doch etwas nervös. Wo ist er?

„Saaabbbiiinnneee“ rief ich. Aber sie hörte mich nicht. „Saaabbbiiinnneeeeeee“! Keine Reaktion. Ich konnte die ganze Nacht nicht schlafen. Am nächsten Tag, es war ein Samstag, telefonierte Sabine und ich hörte etwas von Krankenbau und Bein und Fuß. Glaube ich.

Aaaaaaaaaahhhhhhhhhhhh. Jetzt wußte ich es. Peter war was passiert.
Wo ist er? Wie geht’s ihm? Wann kommt er wieder? Ist er gut versorgt? Ich wurde richtig zum Sorgenhasen. Aber wo der ist, ist der Abenteuerhase nicht weit. Ich mußte mir überlegen, wie ich zu ihm komme. Ein Plan mußte her.

Ich schlich mich, während Sabine unter der Dusche stand, in ihre Handtasche. Wenn sie zu ihm fährt, dann führt sie mich automatisch zu ihm.
Gesagt getan.

Ich schlich mich ins Wohnzimmer und kletterte in ihre Handtasche, die auf dem Tisch stand und wartete. Irgendwann ging es dann los. Ich bekam mit, daß wir im Auto waren und wie der Blitz, so schnell, in ein großes, kastenförmiges Haus gefahren sind. Auf einem Schild stand, glaube ich: „Klinkerum Landshut“. Was soll denn das sein?

Da… ein Schild: „L-i-e-g-e-n-d-a-u-f-n-a-h-m-e“. Lustig. Da wird man liegend fotograifiert.

Egal. Jetzt fährt Sabine nach unten in den Keller. Sie steigt aus und geht mit mir in ein Kämmerchen, das sich nach oben bewegt. Ich sehe aus meiner Tasche wieder ein Schild: „Aufzug 750 Kg“. Jetzt bin ich aber beleidigt, ich habe keine 750 Kg. Vielleicht 100 Gramm. Und dann ging es los. Sabine und ich liefen kreuz und quer durch diesen oberirdischen Hasenbau. Tausende von ewig langen Gängen, tausende Räume und Millionen von Zweibeinern wie Peter und Sabine. Fast alle in weiß. Ich weiß…! Wir sind im Himmel und das sind alles Engel.

Jetzt geht Sabine durch eine Tür.
Und… ein Bett – ein Peter. Juhuuuuu!
„Hi Großer, hi Bro‘. Servus mein Freund.“
„Was machst Du denn für Sachen“.
„Siehst Du! Wir Hasen sind doch die Besseren. Wir laufen auf 4 Beinchen – uns kann das nicht passieren.“

Ich habe Peter und Sabine zugehört und dabei mitbekommen, daß Peter in ein paar Tagen repariert wird. Das ist wieder was für mich. Dr. Jones, dem besten Arzt der Welt… Oder so. Da muß ich ab jetzt gut auf ihn aufpassen.

Sabine fährt nach einer Zeit heim. Aber ich bleib bei meinem Kumpel.
Wenn ich mir den so anschaue, dann ist der so hillflos wie eine Schildkröte, die auf dem Rücken liegt. Und seine Lieblingswörter sind „F..k, f..k, f..k“. Das sagt er jedes Mal, wenn ihm scheinbar was weh tut. Ich dachte immer, da sagt man „Aua“. Armer Kerl.

„Los rück weg. Ich will schlafen.“ Und belagerte sein Bett.
Am nächsten Tag in der Früh, es war noch dunkel, ging die Tür auf und ein nettes Mädel in weiß kam herein und legte eine weiße Schachtel auf den Tisch.

Peter sagt, das ist sein 2. Frühstück. Bunte Guttis. „Da will ich dann auch welche.“ Etwas später öffnete sich die Tür und ein junger Engel kam herein. Dieser nahm den Arm von Peter, wickelte was rum und pumpte ihn dann auf. Ich rief:“ Hey Lady! Meinen Peter pump nur ich auf.“ Das beeindruckte sie scheinbar, denn sie ließ die Luft, gleich wieder ab um murmelte etwas von „130 zu 80“. dann hielt sie kurz Händchen und sagte 60. Und dann fummelte sie an seinen Stummelohren herum. Und sagte: „36,4. Passt“. Dann ging die Tür wieder auf und es kam eine Frau, die alles sauber macht. Die ist noch nicht lange weg, da geht die Tür wieder auf und eine Gruppe von fellosen Zweibeinern kommt herein. Angeführt wird die von einem, der der eine Brille hat. Der Obergesundmacher. Peter hat mir dann erzählt, daß das der Chefarzt ist. Da war noch ein blondes Weibchen dabei. Die Oberärztin, wie Peter sie nennt. Also zwei Kollegen. Ich denke, wir werden gut zusammenarbeiten. “ Hey ihr Zwei -„Ich schau Euch auf die Finger und wehe Ihr macht es nicht richtig oder Ihr tut Peter weh.“

Jedenfalls ist hier mehr los als am Stachus in München. Ich dachte immer, zum Gesundwerden braucht man Ruhe. Dann bekam er was zu fressen und braune „Wachbrühe“.

Peter wurde dann irgendwann zum Fotograifieren abgeholt. Als er zurückkam sah ich die Bilder.

Das waren Innenfotos. Peter von innen. Was die hier alles können. Ich schaute mir die Bilder an und erklärte Peter, was darauf zu sehen ist: Die Palettensehne ist abgerissen, die Kniescheibe ist in den Oberschenkel geflüchtet und das obere Hüpfgelenk ist zerbrochen.

Als die beiden Gesundmacher vom Vortag wieder vorbei geschaut haben, haben sie Peter das gleiche erzählt. Vielleicht mit anderen Worten, aber sie meinten das Gleiche. Sie setzten dann den Reparaturtermin ein paar Tage später an. Und zwar am Dienstag Mittag. Bis dahin passierte auch nicht mehr viel. Ich war halt das exotische Haileit. Viele nette Engelchen besuchten uns tagtäglich. Kraulten und knuddelten mich. Sabine und Michael, ihr Junges, mit Nadine, seiner Freundin und Sabine’s Eltern schauten vorbei. Die Futtermeisterin für die Essensbestellung und die Bauwirtschafterin mit Handtüchern und Bademänteln besuchten uns auch. Ich habe ganz fest auf Peter aufgepaßt, daß ihm keiner was antut.

Dann war es so weit. Er bekam ein Kleidchen, das hinten offen war.
Hihi – Bääähhh. Das Bild bekomme ich nie mehr aus dem Kopf. Hasenkinder, Hasenkinder, Hasenkinder. Und dann wurde er abgeholt. Ich durfte nicht mit. Aber ich mußte doch auf ihn aufpassen. Also schlich ich ihm nach. Kreuz und quer durch das, wie hieß es nochmal, Klinkurum Landshut. Und dann brachten sie ihn in einen Bereich, wo alle komisch grün aussahen. Mit Mütze und Lappen vor Mund und Nase.
Jetzt muß ich richtig aufpassen, daß ich nicht entdeckt werde. Peter wurde in einen Reparaturraum geschoben. Dort wuselten dann ganz viele „Grüne“ um ihn herum. Ih zieh mir jetzt auch so etwas an, daß ich nicht so auffalle.
Jetzt kommen die Gesundmacher und …….

HILFE !!!!!!! Die schneiden Peter auf. Nein !!!!! 2 mal. Und die schrauben und bohren und ziehen. Und überall Blut. Ein Gemetzel. Ich mußte regelmäßig mithelfen, daß die Peter wieder hinbekamen. Bestimmt…  Das ging stundenlang. Die haben das richtig gut gemacht. Aber meinen praktischsten Vorschlag haben die dann doch nicht beachtet: Die haben Peter zugenäht, so wie ich auch zugenäht wurde. Aber Reißverschlüsse wären doch viel praktischer! Als sie fertig waren schoben sie meinen Großen in einen Raum, wo noch viele andere „Instandgesetzte“ lagen. Da wurde geröchelt, gepiept, geschnarcht und gejammert. Peter hat sich wirklich heldenhaft geschlagen.

Dann wurde er wieder ins Zimmer geschoben, ich hinterher. Kurz darauf kam auch Sabine. Peter bekam dann noch Drogen, gegen die Schmerzen. Ich will auch so was. Drogen. Das ist lustig hier – ein riesiger rosa Hasenbau. Wenn ich gewußt hätte, daß ich das auch noch erleben darf.

Später kam dann noch ein Engel, die Engelin Patrizija, die Peter eine Spritze geben wollte. Die sollte gegen Trompeten oder Trombohosen sein oder so. Ich sagte ihr: “ Gib her, das mach ich“. Also gab sie sie mir. Ich spritzte gleich drauf los. Aber irgendwas ging schief und sie landete da, wo sie nicht hin gehört… in meinem Arm. „Jjjaaaaaaaa. Schöööönn“. Alles rosa.

Peter sagte mir am nächsten Tag, daß die Spritze in seinen Bauch gehört und nicht in meinen Arm. In der Nacht darauf kam alle 2 Stunden jemand herein. Ich konnte fast nicht schlafen.

Am nächsten Tag kamen dann die Obergesundmacher und zogen Peter die Pflaster von den Nähten.
Boooaaahhh. Sind die Nähte riesig. Aber die Gesundheitsmechaniker waren hoch zufrieden mit sich selbst und ich auch mit ihnen. Haben sie wirklich gut gemacht. Als sie weg waren, habe ich Peter erklärt, was gemacht wurde.

Etwas später erklärte ich ihm anhand von Innenfotos noch, wieviel Metall jetzt in ihm steckt. Und ich erklärte ihm, daß, wenn er nicht brav ist, ich ihn meistbietend an einen Metallhändler verkaufe. Hihi. Peter zeigte sich sehr beeindruckt (haha) und versprach, brav zu sein und alles zu tun, um schnell gesund zu werden. Zu dem Zweck bekam er noch ein Gestell für sein Beinchen. „Robopeter“. Ich mußte ihm aber zeigen, wie das Ding funktioniert. Er sagte dann so was zu mir wie „wie gut, daß ich Dich habe“. Aber ich hörte da so einen Unterton, als ob er es nicht so ernst meint.

Am Abend versuchte ich es nochmal mit der Spritze. Ich traue es mich fast nicht zu sagen. Es ging wieder schief und ich hatte die Nadel in meinem Bauch. Und wieder… Alles rosa. „Jaaaaaaaaa“.

Eine Woche später wurde Peter entlassen. Engel Rosi verabschiedete sich durch den ganzen langen Gang von uns. Und Sabine rollte uns in einem Stuhl mit großen Rädern zum Auto. Bis dahin habe ich viel gelernt. Das hier ist nicht das Klinkerum Landshut, sondern das Klinikum Landshut. Das ist ein Haus, wo Schwerkranke wieder gesund gemacht werden. Und die Engel, die da drin rumlaufen, sind sogenannte Krankenschwestern und Pfleger. Also eigentlich doch Engel. So nett, wie die waren, war es schon manchmal sehr schwer, bei Peter zu bleiben. Die haben mich öfter gestreichelt als er. Und die haben sich immer so gefreut, wenn sie mich gesehen haben. Und die Gesundmacher sind Ärzte. Die sind meistens auch Doktor – wie ich.

Sabine hat Peter dann nach Hause gefahren und wochenlang gepflegt. Der konnte nichts machen. Der konnte sich nicht mal selber Wachbrühe in der Frühe holen. Es wurde etwas leichter für ihn als er einen kleinen, fahrbaren Tisch bekam. Den konnte er mit den Krücken ins Futtermachzimmer fahren. Dann kam auch immer ein Weibchen in Sportersatzfell. Peter sagte immer Monika zu ihr. Sie ist Füsopeutin oder so. Ich konnte es mir nicht merken. Die hat Peter immer gezwungen zu sporteln. Hihi. Das ist ja, wie wenn ein Hase Motorrad fährt. Jedenfalls mußte er turnen, denn wie er es sagt, hatte er nach der langen Zeit ohne Bewegung keine Mukseln mehr. Oder so. Und das war manchmal scheinbar sehr anstrengend. „Jaa. Quäl ihn nur richtig“.

Nach 2 Wochen verschwanden meine Chefs. Als sie wieder zurückkamen, mußte ich die Arbeit der Ärzte im Klinikum überprüfen. Sie haben Peter die Fäden aus den Nähten rausgezogen. Anschließend kurierte er weiter sein Bein aus. Es war aber dann noch ein langer Weg zur Heilung. Krankenturnen,
Arztbesuche, nochmal aufschneiden, Krücken und ruhig halten und jeden Tag pieksen. Aber dank der guten Pflege von Sabine und mir war die lange Zeit für Peter erträglich.
Wir sind ein Team – wir Drei schaffen das. TSCHACKAAA!!!!!!

Euer

 

 

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